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Das tautologische Denken im Lehrgedicht des Parmenides

Das tautologische Denken im Lehrgedicht des Parmenides

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Nach längeren Auseinandersetzungen mit dem Gedicht des Parmenides schien eine von mir anfänglich vernachlässigte und jedoch stets befremdende Frage meine Arbeit unablässig zu verfolgen. Nicht allein als gerechtfertigte Fragestellung der reichen Tradition der Parmenidesinterpretationen, sondern auf einer persönlichen Ebene keimte der Wunsch, die Frage nach dem Sinn der Tautologie wieder aufzunehmen. Warum Tautologie, diese offensichtlich wenig sagende Formulierung? Entweder als unnötige Wiederholung betrachtet oder als gemeinsame Charakteristik wahrer Sätze, sollte die Tautologie nicht nur als erledigtes Problem erscheinen, sondern auch aller Reizbarkeit entleert sein. Eine erste Rechtfertigung dieser Beschäftigung kam zu mir aus einer oberflächlichen Analyse der Sprache: Die Kraft der Tautologie besteht in der latenten Fähigkeit, das gewöhnliche Sprechen zu durchbrechen. Ist es nicht befremdend, das Eine in einem Satz zweimal auszusagen? Wie sind wir dieser Eigentümlichkeit taub geworden? Betrachten Sie zum Beispiel wie manchmal Sportler, welche eine Bewegung falsch machen, diese Fehlbewegung unmittelbar danach bewusst oder unbewusst wiederholen. Die gelungene Bewegung oder das gelungene Wort benötigte keine Wiederholung, sondern würde das Ziel unmittelbar treffen. Was ist unterschiedlich in der Verdoppelung einer Tautologie? Das Eine wird benannt. Durch das Wort und im Wort kommt das Eine zu sich selbst und wird zugleich offenbart. Somit müsste im Idealfall das hinweisende Sprechen, welches Seiendes als es selbst offenbart, mit einem Wort zum Ende kommen, und im Klingen des Wortes das Seiende selbst sein lassen. Alles gewöhnliche Sprechen erfolgt jedoch in Sätzen, in denen das Subjekt des Sprechens, oder das Gemeinte, notwendigerweise durch Prädikate oder Attribute erläutert wird. Das in den Sätzen Ausgesprochene, oder das Subjekt, bleibt jedoch meist im Sprechen verborgen. Diese traditionsreiche Einsicht und zugleich Kritik der Sprache möchte ich hier nicht weiter erläutern, ich werde darauf ganz am Ende meiner Untersuchung nochmals Bezug nehmen. Ich möchte aber mittels dieser Idee schon das Sonderbare der Tautologie erklären. Ist die Tautologie nicht wegen ihrer Verdopplung der einfachste Hinweis auf ein ›ursprünglicheres‹ Sprechen und auf das offenbarende Wort? Das Ausgesagte wird nicht bloß ausgesagt, sondern kommt wieder auf, an der Stelle wo es ergänzt oder erklärt werden soll. Dies erfolgt in der Tautologie aus einem doppelten Grund. Einerseits wird dadurch auf die Wahrheit des Gesagten hingedeutet, Wahrheit welche per definitionem keine Ergänzung benötigte, andererseits aber wird dadurch das gewöhnliche Sprechen, hinsichtlich seiner Kapazität Wahres auszusagen, in Frage gestellt und zur Kritik geöffnet. Die Tautologie ist deswegen, ähnlich der Dichtung, Ort des Durchbruches aus der Gewöhnlichkeit des Sagens. Die Tautologie bestätigt die Kraft und die Wahrheit des Sagens und kritisiert zugleich die Schwäche und Unwahrheit desselben: Identität und Wiederholung. (Marcel Hosu
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